Kapitel 2: Anfänge vor den Anfängen – Vorgeschichte

Hier folgt nun, Kapitel für Kapitel, die Ausstellung über die Geschichte von Radio 100, kommentiert und erläutert von Hans Hütt.

Das erste Dokument führt zurück zum Eiligen Abend (sic!) am 24. Dezember 1985, lange vor der Erteilung einer Frequenz zeigt mit diesem Plakat und Flyer der Radio 100-Gesellschafter „Anderes Radio Berlin“ zum ersten Mal seine Existenz an. Zwei Jahre später gab es, ebenfalls am 24. Dezember, eine audionautische Weihnachtsnacht, in der wir im Studio von Radio 100 Anrufe für Insassen der Berliner Gefängnisse entgegennahmen und ausstrahlten. In der Staatsbibliothek P.K. hatte ich ein Gesangbuch mit oberschlesischen Feuerwehrliedern gefunden, die wir à capella im Studio sangen, als Ständchen für die Weihnachtsbaumlöschbrigaden. („Wir sind gar wackre Leute, wir Männer von der Spritz, das Löschen macht uns Freude, zumal bei großer Hitz!“) Alle Anruferinnen und Anrufer konnten eigene Lieder ins Telefon singen. Im Studio nahm HP Kuhn, Uraudionaut, alles auf  und mixte im Verlauf des Abends den großen Radio 100-Weihnachtssong.

Ein paar Tage vorher hatte ich bei der Telefonauskunft um die Nummer von Uta Ranke-Heinemann gebeten, von der ich annahm, dass sie in Essen wohnte. „Quatsch!“ sagte der Mann in der Auskunft, „die wohnt in Kettwig, ich habe bei ihr studiert!“ Ich wollte mit Uta Ranke-Heinemann ein Interview über den Mythos der Jungfrauengeburt, die Parthenogenese, führen. Leider hat sich die Spur dazu verloren.

Das folgende Dokument dokumentiert – ebenfalls vor der Gründungszeit – konzeptionelle Ideen aus dem Kreis des ARB für das neue Radioprogramm. Das Dokument erzählt vom Showdown des ARB-Lizenzantrags bis zum Abgabetermin und stellt die ersten Programmideen vor. Das Konzept setzte auf ein Programm, das vom Publikum mitgestaltet wurde.

Das folgende Dokument gibt einen Überblick über die Gesellschafter des ARB. Im wesentlichen handelte es sich um Medienakteure (zB die taz, Ästhetik & Kommunikation, Argument, aber auch um Aktivistinnen und Community-Akteure, die eine Vernetzung des Radioprogramms mit der Westberliner Alternativszene gewährleisten sollten. Der kleine Flyer belegt, kaum ein halbes Jahr vor Programmbeginn, mit welchen illustren Bands das ARB Geld für das eigene Radio sammelte. Das letzte Dokument in dieser kurzen Vorgeschichte stammt vom ideellen und realen Möglichmacher Frank Holzkamp, der nicht nur das technische Know how für den terrestrischen Sendebetrieb mitbrachte, sondern tatsächlich selbst das erste Studio für Radio 100 konzipiert und aufgebaut hat. Hier reflektiert er die mögliche Rolle des Programms im Kontrast zu medienpolitischen Ideen der Alternativen Liste (so hieß der Landesverband der Grünen in Westberlin damals).